Rastede / 30. April - 04. Mai


Angst um "Luna"

So fing es an. Uns erreichte folgende Nachricht:

 

Hallo -
seit heute mittag (30. April) vermissen wir unsere Jack Russel Hündin. Sie konnte noch in einen Wald verfolgt werden und da verlor sich ihre Spur. Der Jäger weiß Bescheid und ist zuversichtlich das sie morgen beim Jägerhochsitztreff (nennt man das so!?) gefunden wird. Wir haben sie erst seid Mittwoch aus schlechter Haltung übernommen und sie ist ein absoluter Angsthund.Gibt es da Tricks eine Suche im Wald zu erleichtern?
Danke..

 

 

Ich setzte mich mit unserer Fundtierbeauftragten Katrin in Verbindung, denn sie wohnt in Rastede.

Und so ging es weiter:

(Katrin:)

Am 30.04 um 21:21 Uhr bekam ich eine Email mit dem Betreff „Hund weg“
In dieser Nachricht wurde mitgeteilt, dass nachmittags um ca.16 Uhr die Hündin „Luna“ durch die offene Haustür entwischt war.
Unsere 1. Vorsitzende fragte mich, ob ich mich mal bei der Besitzerin melden könnte, denn sie hatte den Hund erst 3 Abende zuvor übernommen. Luna war als absoluter Angsthund vermittelt worden.
Um ca. 22 Uhr traf ich mich mit der Halterin am letzten Sichtungspunkt in Liethe.
Dies war ca. 5 stunden nach dem Verschwinden und ca. 7 km von Ihrem Zuhause entfernt.
Natürlich habe ich dann erst mal alles erfragt was mir in den Sinn kam, wie z.b wann und wo genau weggelaufen, wo sie her kommt usw., denn man will den Hund „kennenlernen“ und versuchen zu verstehen. Des weiteren habe ich bei der Polizei angerufen und sie als „vermisst“ gemeldet.

Tag 2.- 01.05.2016
Ich bin mit meinem Labradorrüden zum letzten Sichtungspunkt gefahren, habe die Halterin dort angetroffen und mir eine Decke usw. zum „schnüffeln“ geben lassen, denn die Hündin war läufig.
„Spike“ konnte uns auch sehr weit helfen, doch nach 10 km und einem Misthaufen war die Luft raus. Wir haben abgebrochen und mussten auf eine Sichtung warten, denn Luna hatte einen Vorsprung von inzwischen mehr als 18 std.

 

 Tag 3 - 02.05.2016
Meldung, Luna wurde beim Bauhof in Rastede gesehen.
Natürlich sind wir sofort los gefahren. Mein Dalmatiner Enzo und ich haben den Bauhof auf links gedreht. Neben uns immer die verzweifelte Besitzerin, die immer die Angst hatte, Luna niemals wieder zu sehen.
Leider war auch diese Meldung schon wieder ein paar Stunden her, denn tatsächlich war sie an diesem Morgen gegen 7.15 Uhr auf dem Recyclinghof gesehen worden und beim Bauhof den Tag zuvor...  Das haben wir aber erst nach ca. 1 Std vergeblicher Suche erfahren.
Immer in Kontakt mit meiner Hundetrainerin habe ich mich abgesichert... denn ein „Angsthund“ ist und bleibt ein Angsthund.
Leider gab es niemanden, zu dem dieser Hund auch nur ansatzweise Vertrauen hatte. Auch war die Angst zu groß, Kontakt zur Vorbesitzerin aufzunehmen, denn im Kopf spielt sich der Gedanke ab, man hat versagt...
Am frühen Abend wurde sie in der Mühlenstraße in Rastede gesehen... leider bekam ich diese Info sehr spät und Petra, die Halterin von Luna, wollte mich auch nicht immer unnötig aus dem Bett oder von meiner Familie weg holen.

Tag 4 - 03.05.2016
Ich war gerade auf dem Weg nach Oldenburg mit meinem Welpen, als der Anruf aus dem Futterstübchen kam: Eine Kundin hat "Luna" gesehen, mitten in Rastede, mitten auf der Hauptstraße.
Die nächste Ausfahrt war meine, denn die Info war keine 10 min her. In Rastede angekommen, habe ich erneut die Polizei aufgesucht, denn die muss Bescheid wissen... vor allem, wenn mein Auto einfach mitten auf der Straße wartet.
Ich habe mich durchgefragt, um den Radius einzugrenzen, leider blieb nur der Schlosspark und das Gebiet beim Palais. Und dann habe ich sie gesehen... auf einer Wiese saß sie. Ich also raus aus dem Auto und geguckt, wie ich am besten dort hin komme... nix zu machen.... Büsche und Gräben versperrten mir den Durchgang und nachher auch das Sichtfeld. Luna war in den Schlosspark verschwunden.
Mit der „Melderin" Sabine machten wir uns auf den Weg. Wir kamen nun von 3 Seiten... aber Luna blieb verschwunden.
Mit Halterin Petra habe ich mich dann bei Lidl getroffen und wir haben überlegt, was wir machen.
Es durfte nicht zu einer Hetzjagd werden.
Gegen Abend war Petra nochmal unterwegs und traf auf 2 Frauen, die Luna gesehen hatten. Diese zwei waren extra da, um Luna zu suchen... das war nicht der Plan...

Tag 5 04.05.2016
Heute bekam Petra von den beiden Frauen, die sie gestern Abend angetroffen hatte, eine Sichtung. Petra ist sofort los und hat sie selber gesehen...
Schade nur, dass Luna wieder „ihre“ Umgebung verlassen hatte und Richtung Delfshausen gelaufen war... hatte sie Angst verfolgt zu werden? Wurde sie verfolgt ?
Wir haben beschlossen, dass es nur noch Sichtungen geben darf, denn mein Anruf bei der Vorbesitzerin ergab die Info, dass Luna vor Menschen, Hunden etc. Angst hat. Auch laute Geräusche verjagen sie... die Chance war sehr gering, sie zu sichern, denn sie kannte hier nix - sie konnte kein Vertrauen fassen, geschweige denn, sich an einem Ort sicher fühlen.
Die Vorbesitzerin, die aus Papenburg kommt, war zudem auch noch schwanger und konnte nicht „mal eben“ her kommen, hatte sich aber angeboten am Wochenende, wenn ihr Mann zuhause ist, zu helfen.
Außerdem erfuhr ich, dass man es mit einem "Souverän" versuchen könnte... hatte ich einen souveränen Hund zu Hause ? Der nicht bellt, der nicht zu wild ist ? Der auf mich hört wenn es drauf ankommt ? Ich entschied mich für Enzo... denn er kann sie auch von der Schnelligkeit her einholen, was ich nicht kann...
Leider war Luna wieder weg. Außer Sicht... also entschied ich mich für mein Bett, denn ich liege ja eigentlich noch immer mit meiner Erkältung flach. Zum Glück erklärte sich meine Arbeitskollegin bereit, für mich einzuspringen.

Um 18 Uhr wurde ich aus dem Schlaf gerissen... mein Telefon klingelte... warum klingelt mein Telefon?
Wie spät war es ?War es noch hell ? War es der Wecker ?
Petra ruft an, sagt "Ich sehe sie... sie ist auf dem Bauernhof im Hankhausermoorweg..." der Satz war nicht lang, aber ich schon angezogen und auf dem Weg ins Auto...

Meinen Mann habe ich noch verdonnert, bei Armin anzurufen, denn er muss Bescheid wissen, dass ich mit meinem Hund auf seinen Hof komme... zum Glück kennt man sich.
Ich habe Luna gesehen... sie hat versucht, Fressen zu finden... sie hatte Hunger. Also Enzo raus aus dem Auto... erst mal musste er aber Armin begrüßen... und die Katzen und den Hof... sieht er sie denn nicht ??
Enzo rufen?
Nein, das könnte sie verscheuchen... was mache ich nun ? Erstmal in die Richtung gehen... mein Hund wird kommen... bestimmt...
Auf dem Weg war sie ca. 50 Meter vor mir... rechts und links nur Felder... Luna humpelt leicht... oder liegt das am Boden?
Dann hat Enzo sie gesehen... in einem Affenzahn ist er hinter ihr her.... erst ist sie gelaufen, dann ist sie stehen geblieben... Petra und ich nach wie vor ca. 50 Meter Abstand...
Kurzer Spielversuch... leider war Enzo an der Läufigkeit nicht wirklich interessiert, wollte aber Kontakt aufnehmen... Luna hat Enzo weg gebissen und ist weiter gelaufen... da vorn ist ein Wald... bitte nicht schon wieder... Luna war aus der Sicht.

Mein Mann musste her... er musste den Weg zumachen... er kam von der anderen Seite. So hatte ich dann auch einen fahrbaren Untersatz in der Nähe.
Erneuter Kontaktversuch von Enzo... wieder hat sie das nicht zugelassen... oder war Enzo nicht hartnäckig genug ? Das ist er doch sonst ?
Mein Mann stand auf der einen Seite vom Weg, Petra auf der anderen Seite... somit konnten wir rechts und links die Wiesen im Auge behalten... der Wald war nicht groß.
 

Also bin ich über die Kuhweide, denn ich wollte von hinten an den Wald...
Die Gülle, die in dem Loch war, habe ich natürlich nicht gesehen, somit war ich bis zu den Knien nass... egal... sie darf nicht ungesehen bleiben...
Am Ende vom Wald standen Rehe...
Rehe... und Enzo ohne Leine... und das während der Brut und Setzzeit... rufen? Nein... dann verschrecke ich Luna... Ich setzte auf Vertrauen in meinen Hund.
Am Ende angekommen habe ich meinen Mann angerufen. Er sollte nach Hause fahren und mir neue Socken und eine neue Hose holen.
Und mir Gini, meine Hündin, mitbringen... vielleicht habe ich mit ihr mehr Chancen ?

Wir haben den Wald auf links gedreht... Luna war weg. Wo war sie hin? Sie musste da sein... Enzo war einmal auf die Wiese gegangen... ist Luna da im Gebüsch verschwunden? Ist sie wirklich in einem Dornbusch?
Egal... auch da werde ich sie finden... und ich hab sie gefunden... leider lief sie wieder Richtung Weg, dorthin wo die anderen warteten...
Enzo und ich haben uns dann auf einen kleinen Hügel gesetzt... ich habe überlegt was ich nun mache... in dem Moment bewegt sich etwas neben uns...
Mann, hab ich mich erschreckt. Es war ein Rehkitz. Enzo hat es nur angesehen und ist dann weiter. Ich musste erst mal ein Foto machen, denn mein Sohn liebt die Natur... und auch für mich war das ganz neu.

Nun aber zurück zum Hund. Also musste ich wieder nach vorne... keine Luna zu sehen...
Mein Mann hatte nun Gini im Auto. Luna ließ sich kurz blicken... somit konnte ich Gini nach Sicht schicken... und... sie nahm Kontakt auf!
In dem Moment hat keiner wahrgenommen, dass ich mich wieder in den Wald geschlichen habe... ich habe mich auf den Boden gesetzt und mit Luna geredet... habe ihr gesagt, dass ich ihr gerne die Angst nehmen würde usw. - nebenbei habe ich Gini per Handzeichen gezeigt, dass sie sich ablegen soll... und langsam „robben“ soll... sie kam - mit Luna im Rücken.
Ich habe Gini dann bei mir behalten und sie gestreichelt... nach wie vor mit der Stimme bei Luna... sie hat an mir geschnüffelt, was Petra vom Weg aus sehen konnte...
Ich glaube, sie war kurz davor mich anzuschreien, dass ich Luna packen soll!!... aber sie blieb ruhig. Zum Glück, denn Luna kam so nah an mich ran, dass ich sie streicheln konnte.

Dann griff ich sie im Nacken, legte ihr eine Leine um und nahm sie auf den Arm... dann wurde sie geknuddelt und ein Foto wurde gemacht. Erst danach bin ich mit Ihr auf dem Arm aus dem Wald gegangen... Petra war so erleichtert...
Und dann ging das Telefonieren los... denn es musste Entwarnung geben.

Luna ist wieder zuhause...
Ein Dank geht an meine Trainerin, die mich und meine Hunde so weit gebracht hat,
ein weiteres Danke an meine Kollegin, dass ich zum Auskurieren zu Hause bleiben konnte...
Und ein ganz großes DANKE an meine Kollegen vom Tiersuchdienst Wesermarsch e.V., die IMMER hinter mir stehen und mich unterstützen in dem, was ich tue.

Katrin

 

(Katrin, ich bin stolz drauf, dich in unserem Team zu haben!

 LG heidi)

Ach noch was, Katrin...wenn die Füße auch bis zu den Knöcheln voll Gülle waren - die Haare hattest du aber schön!