Januar 2013 - wir starteten unsere 'große Welle':  
 

Als erstes entwarfen wir ein Suchplakat und stellten es bei facebook ein - mit dem Erfolg, dass es nicht nur zig oder hundertfach geteilt wurde - sondern wirklich tausendfach!

Von Kiel bis in den Schwarzwald und sogar über die deutschen Landesgrenzen hinaus beteiligten sich Tierfreunde - wir konnten ja nicht sicher sein, dass Nero noch in Bremen war, obwohl wir tatsächlich bis zu seiner Rückkehr genau das annahmen... und recht behielten.

Von fähigen Freunden ließen wir das Plakat auf englisch, niederländisch und italienisch übersetzen - alles war schließlich möglich.

Wir schlugen uns die Nächte um die Ohren, nutzten jede freie Minute, um die Suche auf sämtlichen Bremer Facebookseiten zu verbreiten:
Vom Werderaner Fanclub, Partyszene-Läden, Kneipen, Tattoostudios, Restaurants, der Ausgabe der BILD auf fb (bild bremen), Tierschutzseiten natürlich, der Bremer Feuerwehr, der Universität Bremen bis hin zu dem berühmt-berüchtigten Rockerclub 'Mongols' - sie alle baten wir um Mithilfe und Unterstützung bei der Suche nach Nero...

Und wir bekamen ein großes, ermutigendes Echo - jeder wollte helfen, druckte Plakate aus, hängte sie auf.

Aber dennoch suchten wir weiter nach der Verbindung zu Berne: Schließlich war Nero dort gestohlen worden und hatte nach Lage der Dinge zumindest die Nacht vom 6. auf den 7. September noch auf dieser Seite der Weser verbracht - und war dort an eine falsche Hundemarke gelangt.

Die regionale Presse wurde ebenfalls um Unterstützung gebeten, wir setzten uns mit Online-Zeitungen in Verbindung...
Wir versuchten wirklich, nichts auszulassen und alle Möglichkeiten, die uns nur irgendwie einfielen, zu nutzen und anzusprechen.

Natürlich gab es auch immer wieder Kommentare wie:
"Ach, den kriegt ihr doch nie wieder. Wieso holen die sich nicht einen neuen?"

"Was ist denn an dem Hund so besonders? Ist doch bloß ein Mischling, nicht mal ein wertvoller Rassehund. Da lohnt doch der ganze Aufwand nicht."

"Was macht ihr euch da für ne Arbeit! Für nen Hund....? Ist doch nicht mal euer eigener..."

Nein, ist er nicht.
Und tatsächlich kannten wir Nero nur von Fotos und den Erzählungen seiner Halter.

Dass sie ihn 2 Jahre zuvor im Alter von 16 Wochen aus einem Tierheim geholt hatten, wo er mit seiner Schwester gelandet war: als einzige überlebende Geschwister eines Wurfs, die anderen waren von dem Besitzer erschlagen worden... mit der Altlast von drei oder vier Vorbesitzern während seines jungen Welpenlebens, die ihn zurück gebracht hatten, weil er in keiner Wohnung gehalten werden könne und sich wie verrückt aufführte dort, hieß es.
Aus den Erzählungen, wie viel Geduld und Zeit es gebraucht hatte, aus einem instabilen Nervenbündel einen mittlerweile einigermaßen gefestigten Hund zu machen: Mithilfe von der alten Schäferhündin "Inka", die ihm Halt und Orientierung gab z.B.
Der aber dennoch stressanfällig blieb und dem man immer wieder Zuversicht vermitteln musste.

Und nun war er in unbekannten Händen, lebte (hoffentlich noch...) in unbekannten Verhältnissen bei Menschen, die nichts über ihn wussten und sich wahrscheinlich auch nicht drum scherten.
Und das soll einem egal sein? Wie soll denn das gehen?!

 
 
Am 1. Februar 2013, einem Freitag, erschien dann ein Artikel über "Nero" in der NWZ, bei dem wir noch einmal betonten, dass die Suche nicht eingestellt werden würde und wir den Hund unbedingt finden wollten  - und wir auch im näheren Umfeld weitersuchten nach den Tätern.

Und dann, am 2. Februar...  Heidi erzählt - 


...so fing der Tag an....


Es ist jetzt 06:00 Uhr. Ich muss gleich zur Arbeit. Ich habe eine unruhige Nacht mit wenig Schlaf hinter mir. Der Grund: wir bekamen gestern Fotos eines toten Hundes geschickt, welcher vor etwa drei Wochen auf einer Wiese in Berne gefunden wurde.
Der Versuch, im gefrorenen Boden ein Loch zu schaufeln, ist offensichtlich misslungen. Das Tier ist inzwischen nicht mehr da, wer es abgeholt oder wo doch noch vergraben hat, wissen wir nicht. Der tote Hund hat Ähnlichkeit mit "Nero", das Fell scheint uns aber etwas zu lang, die Fellfärbung doch anders als bei "Nero" zu sein. Wir denken, er ist es nicht und versuchen herauszubekommen, wem das tote Tier gehört.
Nicht nur uns, sicher auch "Neros" Besitzer gingen viele Dinge durch den Kopf. Wir haben gestern Abend noch telefoniert, Tränen sind geflossen, zuerst die Erleichterung: der Alptraum hat ein Ende... Dann der Schmerz... dann die Zweifel...
Derjenige, der "Nero" gestohlen hat, weiß gar nicht, was er den Haltern angetan hat - oder er weiß es ganz genau...
Dass er dem Tier sein vertrautes Zuhause genommen hat, ist dem oder den Menschen auch nicht bewusst. Reiner Egoismus...
Wir geben die Suche nach "Nero" und seinen Entführern nicht auf!

...und so hat er geendet! "Nero" ist wieder zu Hause! 02.02.2013
     
Ich kann es immer noch nicht fassen... meine Gedanken sind schwer zu ordnen. Ich habe Kopfschmerzen, alles tut mir weh... wahrscheinlich die Anspannung...

Bevor ich zur Arbeit gefahren bin, sah ich auf die Tankanzeige meines Autos und dachte: 'Ich fahre lieber tanken... wer weiß, was noch kommt...?'
Eigentlich hätte ich heute bis 20:00 Uhr arbeiten müssen, habe aber gestern meinen Dienstplan ändern können, sodass ich nur bis 14:00 Uhr arbeiten musste.

Um 13:00 Uhr klingelte mein Handy. Die Nummer des Anrufers wurde nicht angezeigt. Nachdem ich mich gemeldet habe, fragte mich ein Mann, der seinen Namen nicht nannte: "Sie suchen doch "Nero?" Wir erhielten öfter mal Anrufe wegen des Hundes, deshalb dachte ich mir zuerst nichts dabei.

Als der Mann dann jedoch sagte, er hätte den Hund im Wald bei Syke gefunden, Fotos im Internet verglichen und mir versicherte, dass es 100 %ig "Nero" sei, war ich zuerst sprachlos. Ich kapierte zuerst einmal gar nicht, was ich da eben gehört habe. Als ich nachfragte, warum er sich so sicher sei, nannte er mir ein Merkmal, welches nur Silvia, die Halterin und ich kennen.
Als ich ihn fragte, wo der Hund jetzt sei, erfuhr ich, dass "Nero" in Bremen ist.

Der Mann erzählte mir folgendes: Er habe den Hund vorgestern gefunden, sich bei der Polizei in Bremen gemeldet, die ihn an uns verwiesen habe. Dann weiter: Er wolle unter keinen Umständen in den Verdacht geraten, mit dem Diebstahl etwas zu tun zu haben und - sollte er an unserem Treffpunkt die Polizei sehen, wäre er sofort wieder weg...

Ich versicherte dem Mann, dass wir ohne Polizei kommen und ihn völlig aus der Sache raushalten werden. Ich kenne nicht seinen Namen, nicht seine Telefonnummer und auch nicht seinen Wohnort.
Ich sagte ihm, dass ich jedoch die Halterin zur Identifizierung mitbringen würde. Wir verabredeten uns um 16:00 Uhr an einer bestimmten Bushaltestelle in Bremen. Sollten wir um die Uhrzeit nicht da sein, sollte er mich anrufen. Es könnte ja sein, dass wir uns verfahren oder eine Panne haben...

Dann rief ich die Halterin an. Ich schilderte ihr nur kurz, dass ein Mann glaubt, "Nero" gefunden zu haben und ich sie um 14:45 Uhr Zuhause abhole. Ich war mir ziemlich sicher, dass es sich um den Hund handelt, wegen dieses einen speziellen Merkmals, wollte aber keine falschen Hoffnungen machen - denn ich kenne das Tier nur von Fotos.
Um 15:45 Uhr kamen wir in Bremen am verabredeten Ort an. Von weitem sah ich einen Mann mit einem Hund. Als wir näher kamen, sah uns der Hund entgegen und ich sah seine Augen.
Dieser Blick ist einzigartig! Ich kenne ihn vom Foto.

"Nero" kam nicht etwa freudig auf seine Halterin zu, er war sichtlich verwirrt. Er näherte sich vorsichtig, vielleicht um nicht enttäuscht zu werden. Wer weiß, wie oft er schon vergeblich gehofft hatte...

Zuerst will 'Nero' seinem Glück nicht trauen - er ist vollkommen verwirrt. Durch wie viele Hände ist er gegangen in den 5 Monaten? Wie oft hat er vergeblich auf sein Frauchen gehofft?

 

 

 

              


               Aber dann doch, zaghaft, als hätte er Angst, das sei nur ein 
               Hirngespinst....
               beginnt er zu glauben und erlaubt sich: Freude...
 

Die Halterin kniete sich zu ihm runter und sprach ihn leise an. "Nero" war unsicher, schien nicht zu glauben, was er sah... Es arbeitete in seinem Kopf... aber nicht nur in seinem. Ich kann nicht beschreiben, was in mir vorging.
Irgendwann nahm ich das Chiplesegerät. Wir brauchten Gewissheit und vor allem eine offizielle Bestätigung (durch die Nennung der Transpondernummer und der später so auch zweifelsfrei nachprüfbaren Uhrzeit der Übergabe....) -  obwohl es natürlich eindeutig war. Nachdem ich den Chip ausgelesen hatte, rief ich bei Tasso an und gab die Nummer durch.
"Bitte sagen Sie mir jetzt, dass es "Nero" ist", bat ich den Mann am anderen Ende der Leitung.
Mein Hals war wie zugeschnürt, ich konnte kaum sprechen. Dann die erlösenden Worte: "Ja, das ist "Nero"!"

Ich drehte mich um, sah die Halterin an und wir fielen uns in die Arme und weinten. Alle Anspannung der letzten fünf Monate fiel von uns ab.
Da merkte ich erst, wie sehr mich dieser Fall beschäftigt hat.
Nachdem wir uns von dem Mann verabschiedet haben, gingen wir zu einem nahe gelegenen Einkaufszentrum. Die Halterin holte uns einen Kaffee, ich blieb mit "Nero" draußen. Der Hund setzte sich neben mich, er ließ die Tür nicht aus den Augen. Immer wenn diese sich öffnete, fing er an zu zittern und guckte ganz erwartungsvoll. Kam eine fremde Person heraus, schien er enttäuscht.
Dann kam seine Halterin und seine Welt war in Ordnung.
"Nero" legte sich in den Kofferraum meines Autos und wir fuhren nach Berne. Wir sahen und hörten nichts von ihm. An seinem Zuhause angekommen, musste die Halterin die Kette an der Toreinfahrt öffnen. Erst dieses Geräusch ließ "Nero" hellwach werden. Er setzte sich auf, seine Augen wurden groß, er wurde ganz aufgeregt. Kaum aus dem Auto merkte man: er ist wieder zu Hause angekommen.
Langsam erinnerte er sich wieder an die leisen Kommandos seiner Halterin, erkannte die Gans, die Katzen, die alte Schäferhündin "Ilka". Dann kam der Lebensgefährte der Halterin und die Freude war groß.
Wir saßen noch lange zusammen, ließen die Geschehnisse Revue passieren und waren uns einig: Der Hund ist zwar wieder zu Hause, die Geschichte damit aber noch nicht beendet.
Wir haben so viel Zeit, Geld und Energie in die Sache gesteckt, wir haben eine riesige Suchaktion im Internet gestartet, die zum gewünschten Ziel geführt hat - aber die Schuldigen lassen wir nicht so davonkommen.

Wir möchten nicht, dass sie sich womöglich einen anderen Hund stehlen. Weiterhin wird von der Polizei und der Staatsanwaltschaft ermittelt!
Wir danken allen, die bei der fünfmonatigen Suche geholfen haben!
Allen, die die Plakate und Meldungen im Internet und an öffentlichen Stellen verteilt haben denn : ohne Eure Hilfe wäre "Nero" nicht nach Hause gekommen! Das ist sicher!
 

 

'Nero' auf der Fahrt zurück nach Hause... still, in sich gekehrt - er gibt keinen Ton von sich. Eine verwirrte, verloren wirkende Hundeseele.
Wieder liegt er in einem fremden Auto - das wievielte wohl für ihn in den zurückliegenden 5 Monaten? Er weiß nicht, wohin es ihn bringt.
Erst, als er später das Klirren der Torkette hören wird - sein Tor, sein Zuhause!! - aus dem Auto springt und seinen Hof, seine vertrauten Gerüche, Geräusche, seine Gefährtin, die alte Schäferhündin sieht, seine Besitzerin und den jetzt dazu kommenden Besitzer hier auf seinem vertrauten Terrain: Jetzt erst wird er begreifen - er ist wieder da, er hat sein LEBEN wieder.
Seine ganze Familie.

     
So viel Leid bei den Haltern von 'Nero', so viele zermürbende Tage, Abende, Nächte, in denen wir uns die Köpfe zermartert haben, Zusammenhänge gesucht, Verbindungen gefunden.... 5 Monate, in denen 'Nero' seinen Lebensmittelpunkt und seine Familie verloren hatte und in der Angst lebte, sein gewohntes und vertrautes Zuhause nie wieder zu sehen... und wozu das alles?

Wer hatte ein Interesse daran, entweder den Hund an sich zu nehmen - oder seiner Familie zu schaden und derart zuzusetzen? Was und vor allem wer steckt hinter dieser Geschichte?